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Автор Шарлотта Линк

Charlotte

Sturmzeit

Roman

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Sturmzeit

Sturmzeit-Trilogie I

Sommer 1914: In Europa gart es, doch auf dem Familiengut der Degnellys in OstpreuBen scheint noch Zeit zu sein fur Idylle und Plankeleien und fur den Traum von der groBen Liebe. Ein Traum, der die achtzehnjahrige Felicia durch eine harte Zeit begleiten wird, in der alte Traditionen und Beziehungen untergehen und einer gar nicht mehr vornehmen Realitat weichen.

Dieses E-Book ist nicht zum Verkauf bestimmt!

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Sturmzeit

Roman

2003

I. BUCH

Der Junitag verdammerte in rotgoldenem Abendlicht. Uber den blaBblauen Himmel zogen ein paar zerrupfte Wolken, in den Wiesen zirpten Grillen, und die Blatter der Baume rauschten leise. Die Tannenwalder am Horizont wurden dunkler, die Schatten uber den Wiesen langer. Die Stamme der Kiefern leuchteten kastanienfarben.

»Morgen«, sagte Maksim, »fahre ich nach Berlin zuruck. «

Unvermittelt hatte der strahlende Abend seinen Glanz verloren. Felicia Degnelly, die neben Maksim am Ufer eines Baches saB, blickte erschrocken auf. »Morgen? Aber warum denn? Der Sommer hat doch gerade erst angefangen!«

Maksims Antwort war ausweichend. »Ich treffe Freunde. Wichtige Freunde.

«

»Genossen!« sagte Felicia spottisch, aber ihr Spott sollte nur verbergen, wie verletzt sie war. Die Genossen kamen vor ihr, vor dem gemeinsamen Sommer auf dem Lande, vor Abenden wie diesem.

Sie sah Maksim von der Seite an und dachte voller Erbitterung: Du weiBt ja nicht, was du willst!

Im Innersten aber war ihr klar, daB er es genau wuBte. Seine Gedanken waren gefesselt von einer Idee, nicht von ihr. Er sagte nie, was andere Manner sagten, wenn sie mit ihr zusammen waren, etwa: »Du bist sehr hubsch!« oder »Ich glaube, ich konnte mich in dich verlieben!« Nein, von ihm kamen seltsame Worte wie Umsturz, Weltrevolution, Umverteilung des Eigentums, Enteignung der besitzenden Klasse. DaB es eine Welt fur ihn gab, zu der sie keinen Zutritt fand und zu der er ihr auch keinen Zutritt erlauben wurde, hatte sie schon vor fast zwei

Jahren begriffen, am Kaisergeburtstag in Berlin, als sie durch die StraBen gingen und die jubelnden Menschen betrachteten, als in Maksims Gesicht Wut und Zynismus rangen. Plotzlich hatte er etwas vor sich hingemurmelt (spater erfuhr sie, daB es ein Zitat von Marx war): »Dieser Mensch ist nur Konig, weil sich andere Menschen wie Untertanen zu ihm verhalten. «

Sie hatte ihn angeschaut. »Was sagst du?«

Auf einmal hatte ein verachtungsvoller, beinahe brutaler Zug um seinen Mund gelegen. »Egal«, erwiderte er und musterte geringschatzig ihr schones Kleid und ihren neuen Hut (beides trug sie seinetwegen), »egal, du wirst es doch nie verstehen.  Nie!«