Читать онлайн «Vom Ende des Punks in Helsinki»

Автор Ярослав Рудиш

JAROSLAV RUDIŠ

VOM ENDE DES PUNKS

IN HELSINKI

Aus dem Tschechischen

von Eva Profousová

Roman

Luchterhand Literaturverlag

Die Handlung und die Figuren dieses

Romans sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit

mit lebenden oder realen Personen

wäre rein zufällig.

Wie in der tschechischen Originalausgabe

Konec punku v Helsinkách

folgen Orthographie und Interpunktion

in den Tagebuchpassagen »Tal der Hohlköpfe«

nicht den Regeln.

Die Originalausgabe erschien 2010

unter dem Titel Konec punku v Helsinkách bei Labyrint, Prag.

Die deutschsprachige Ausgabe

wurde vom Autor überarbeitet und gekürzt.

Die Arbeit an dieser Übersetzung wurde

vom Deutschen Übersetzerfonds und dem Tschechischen

Kultusministerium gefördert.

Verlag und Übersetzerin danken für die freundliche

Unterstützung.

1. Auflage

© 2010 by Labyrint

© 2014 der deutschsprachigen Ausgabe

by Luchterhand Literaturverlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

Alle Rechte vorbehalten.

ISBN 978-3-641-13136-4

Für Christine

E s muss ganz in der Nähe sein. Ich folge einer schmalen Waldstraße. Damals hat es hier keinen Asphalt gegeben, nur Schotter und feuchte Erde, im Dickicht am Straßenrand lagen riesige abgeholzte Baumstämme. Keine Wegmarkierungen. Wer hätte auch damals in dieser Gegend wandern wollen.

An einer Kreuzung bleibe ich stehen, Grün und Gelb weisen in den dunklen Wald hinein, einmal nach rechts und einmal nach links. Ob es das Flurkreuz schon damals gegeben hat? Ob der Jesus schon damals keinen Kopf hatte? R ot bleibt auf dem Asphaltweg. Die Richtung muss es gewesen sein.

Ich habe Durst. Vor allem aber würde ich gerne eine rauchen, was für ein Unsinn, gerade aufgehört zu haben, ausgerechnet jetzt. Das hätte ich später machen können, zu einer anderen Zeit.

Ich gehe weiter, über dem Wald breitet sich Stille aus, nur aus der Ferne höre ich eine Motorsäge und später einen Trecker tuckern.

Auf einmal ein furchtbares Getöse. Fünf Radfahrer sausen vorbei. Eine schnelle Wespeneinheit, die sich hierher verirrt hat. Muskulöse Wa den schneiden den Weg synchron in Scheiben. Der letzte Fahrer macht die perfekte Choreographie zunichte, als er für einen Moment aufhört zu treten und in die Blaubeersträucher spuckt. Die glänzenden Körper tauchen zwischen den Bäumen unter.

Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob der Weg richtig ist, das Ganze liegt immerhin zwanzig Jahre zurück. Ich habe zwar eine Landkarte im R ucksack, bin aber zu faul, sie herauszuholen. Damals haben wir auch eine gehabt und uns trotzdem verlaufen. Weil wir uns durch den Wald schlugen, anstatt die Straße entlangzulaufen. Dazu hatten wir viel zu viel Schiss. Heute gibt es dafür keinen Grund mehr. Eine Schlange schießt im Zickzack über den Asphalt. Eine Natter.

Ich gehe weiter und höre dem Wind zu, der die Baumkronen schüttelt, fast alles Nadelbäume, nur vereinzelt Birken oder Espen. Auf einmal bekomme ich Angst. Dass ich damals Angst hatte, das kann ich verstehen. Aber warum jetzt, wo doch nichts mehr auf dem Spiel steht? Wo man nicht hinter jedem Baum Soldaten mit geladenem Maschinengewehr fürchten, im Gebüsch keine Spürhunde vermuten muss? Mein Kopf dröhnt. Der Wind pfeift und treibt mich aus dem Wald.