Эрих Мария Ремарк / Erich Maria Remarque
Триумфальная арка / Arc de Triomphe
© 1963, 1988, 1998, 2017 by Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH & Co. KG, Cologne/ Germany;
© Беляева О. С. , адаптация текста, комментарии и словарь, 2018
© ООО »Издательство АСТ«, 2018
1
Die Frau kam auf Ravic zu. Sie ging schnell. Ravic bemerkte sie erst, als sie fast neben ihm war. Er sah ein blasses Gesicht mit hochliegenden Wangenknochen und weit auseinanderstehenden Augen. Das Gesicht war maskenhaft.
Die Frau streifte ihn beinahe, so dicht ging sie an ihm vorüber. Im nächsten Augenblick schwankte sie und wäre gefallen, wenn er sie nicht gehalten hätte. Er hielt ihren Arm fest. «Wo wollen Sie hin?» fragte er nach einer Weile.
Die Frau starrte ihn an. «Lassen Sie mich los», flüsterte sie.
Ravic erwiderte nichts. Er hielt ihren Arm weiter fest.
«Lassen Sie mich los! Was soll das?»
Die Frau bewegte kaum die Lippen. Ravic hatte den Eindruck, daß sie ihn gar nicht sah. Sie blickte durch ihn hindurch, irgendwohin in die leere Nacht. Sie war nicht betrunken. Er hielt ihren Arm nicht mehr sehr fest.
«Wo wollen Sie wirklich hin, nachts, allein, um diese Zeit in Paris?» sagte er dann noch einmal ruhig und ließ ihren Arm los.
Die Frau schwieg.
«Dahin vielleicht?» Er deutete mit seinem Kopf auf die Seine.
Die Frau antwortete nicht. «Zu früh», sagte Ravic. «Zu früh und viel zu kalt im November. »
Er zog ein Päckchen Zigaretten hervor.
«Geben Sie mir auch eine Zigarette», sagte die Frau mit tonloser Stimme.
Ravic zeigte ihr das Päckchen. «Schwarzer Tabak.
Wahrscheinlich zu stark für Sie. Ich habe keine anderen bei mir. »Er sah die Frau an. Worum hatte er sie eigentlich angehalten? Es war etwas mit ihr los, das war klar. Aber was ging es ihn an? Er hatte schon viele Frauen gesehen, mit denen etwas los war, besonders nachts, besonders in Paris, und es war ihm jetzt egal, und er wollte nur noch ein paar Stunden schlafen.
«Gehen Sie nach Hause», sagte er. «Was suchen Sie um diese Zeit noch auf der Straße?»
Er schlug seinen Mantelkragen hoch. Die Frau sah ihn an, als verstände sie ihn nicht. «Nach Hause?» wiederholte sie. Wieder einmal jemand, der nicht wußte, wohin er sollte, dachte Ravic. Er hätte es voraussehen können. Es war immer dasselbe. Nachts wußten sie nicht, wohin sie sollten, und am nächsten Morgen waren sie verschwunden, ehe man erwachte. Dann wußten sie wohin. «Kommen Sie, wir gehen irgendwo noch einen Schnaps trinken», sagte er.
Sie gingen die Avenue Pierre I. de Serbie. Ravic deutete auf einen schmalen Eingang, der in ein Kellerloch führte. «Hier – da wird es schon noch etwas geben. »
Es war eine Chauffeurkneipe. Ein paar Taxichauff eure und ein paar Huren saßen darin. Die Chauff eure spielten Karten. Die Huren tranken Absinth. Sie musterten die Frau mit raschem Blick. Dann wandten sie sich gleichgültig ab. Ravic setzte sich mit der Frau an einen Tisch neben dem Eingang. Es war bequemer; er konnte dann rascher weggehen. Er zog seinen Mantel nicht aus.