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Автор Вильгельм Буш

Wilhelm Busch

Kritik des Herzens

Kritik des Herzens

Es wohnen die hohen GedankenIn einem hohen Haus. Ich klopfte, doch immer hieß es:Die Herrschaft fuhr eben aus!Nun klopf ich ganz bescheidenBei kleineren Leuten an. Ein Stückel Brod, ein GroschenErnähren auch ihren Mann. Sei ein braver Biedermann,Fange tüchtig an zu loben!Und du wirst von uns sodannGerne mit empor gehoben. Wie, du ziehst ein schiefes Maul?Willst nicht, daß dich andre adeln?Na, denn sei mir nur nicht faulUnd verlege dich auf's Tadeln. Gelt, das ist ein Hochgenuß,Schwebst du so mit WohlgefallenAls ein selger KritikusHocherhaben über Allen. Es sitzt ein Vogel auf dem Leim,Er flattert sehr und kann nicht heim. Ein schwarzer Kater schleicht herzu,Die Krallen scharf, die Augen gluh. Am Baum hinauf und immer höherKommt er dem armen Vogel näher. Der Vogel denkt: Weil das so istUnd weil mich doch der Kater frißt,So will ich keine Zeit verlieren,Will noch ein wenig quinquilirenUnd lustig pfeifen wie zuvor. Der Vogel, scheint mir, hat Humor. Ich kam in diese Welt herein,Mich baß zu amüsiren,Ich wollte gern was Rechtes seinUnd mußte mich immer geniren. Oft war ich hoffnungsvoll und frohUnd später kam es doch nicht so. Nun lauf ich manchen DonnerstagHienieden schon herummer,Wie ich mich drehn und wenden mag,'s ist immer der alte Kummer. Bald klopft vor Schmerz und bald vor LustDas rothe Ding in meiner Brust. Der Hausknecht in dem »Weidenbusch«Zu Frankfurt an dem Main,Der war Poet, doch immer kurz,Denn wenig fiel ihm ein. Ja, sprach er, Freund, wir leben jetztIn der Depeschenzeit,Und Schiller, käm er heut zurück,Wär auch nicht mehr so breit. Die Selbstkritik hat viel für sich. Gesetzt den Fall, ich tadle mich;So hab ich erstens den Gewinn,Daß ich so hübsch bescheiden bin;Zum zweiten denken sich die Leut,Der Mann ist lauter Redlichkeit;Auch schnapp ich drittens diesen BissenVorweg den andern Kritiküssen;Und viertens hoff ich außerdemAuf Widerspruch, der mir genehm. So kommt es denn zuletzt heraus,Daß ich ein ganz famoses Haus. Es kam ein Lump mir in die QuerUnd hielt den alten Felbel her. Obschon er noch gesund und stark,Warf ich ihm dennoch eine MarkRecht freundlich in den Hut hinein. Der Kerl schien Philosoph zu sein. Er sprach mit ernstem Bocksgesicht:Mein Herr, Sie sehn, ich danke nicht. Das Danken bin ich nicht gewohnt. Ich nehme an, Sie sind gescheidtUnd fühlen sich genug belohntDurch Ihre Eitelkeit. Die Rose sprach zum MägdeleinIch muß dir ewig dankbar sein,Daß du mich an den Busen drückstUnd mich mit deiner Huld beglückst. Das Mädchen sprach: O, Röslein mein,Bild dir nur nicht zu viel drauf ein,Daß du mir Aug und Herz entzückst. Ich liebe dich, weil du mich schmückst. Man wünschte sich herzlich gute Nacht;Die Tante war schrecklich müde;Bald sind die Lichter ausgemacht,Und alles ist Ruh und Friede. Im ganzen Haus sind nur noch zween,Die keine Ruhe finden,Das ist der gute Vetter EugenMit seiner Base Lucinden. Sie wachten zusammen bis in der Früh,Sie herzten sich und küßten. Des Morgens beim Frühstück thaten sie,Als ob sie von Nichts was wüßten. Mein Freund, an einem Sonntag Morgen,Thät sich ein hübsches Röss'lein borgen. Mit frischem Hemd und frischem Muthe,In blanken Stiefeln, blankem Hute,Die Haltung stramm und stramm die Hose,Am Busen eine junge Rose,So reitet er durch die Alleeen,Wie ein Adonis anzusehen. Die Reiter machen viel Vergnügen,Wenn sie ihr stolzes Roß bestiegen. Nun kommt da unter sanftem KnarrenEin milchbeladner Eselskarren. Das Röss'lein, welches sehr erschrocken,Fängt an zu trappeln und zu bocken,Und, hopp, das war ein Satz ein weiter!Dort rennt das Roß, hier liegt der Reiter,Entfernt von seinem hohen Sitze,Platt auf dem Bauche in der Pfütze. Die Reiter machen viel Vergnügen,Besonders, wenn sie drunten liegen. Du fragtest mich früher nach mancherlei. Ich sagte dir Alles frank und frei. Du fragtest, wann ich zu reisen gedächte,Welch ein Geschäft ich machen möchte. Ich sagte dir offen: dann und dann;Und gab dir meine Pläne an. Oft hat die Reise mir nicht gepaßt;Dann nanntest du mich 'n Quirlequast. Oft ging's mit dem Geschäfte krumm;Dann wußtest du längst, es wäre dumm. Oft kamst du mir auch mit List zuvor;Dann schien ich mir selber ein rechter Thor. Nun hab ich, weil mich dieses gequält,Mir einen hübschen Ausweg erwählt. Ich rede, wenn ich reden soll,Und lüge dir die Jacke voll. Kennt der Kerl denn keine Gnade?Soll er uns mit seiner Suade,Durch sein breites Expliciren,Schwadroniren, Disputiren,Soll er uns denn stets geniren,Dieser säuselnde Philister,Beim Genuß des edlen Weins?Pump ihn an, und plötzlich ist erKurz und bündig wie Glock Eins.
Mich wurmt es, wenn ich nur dran denke. —Es saß zu München in der SchenkeEin Protz mit dunkelrother NaseBeim elften oder zwölften Glase. Da schlich sich kümmerlich heranEin armer alter Bettelmann,Zog vor dem Protzen seinen HutUnd fleht: Gnä Herr, ach sein S' so gut!Der Protz jedoch, fuchsteufelswild,Statt was zu geben, flucht und schilt:Gehst raus, Du alter Lump, Du schlechter!Nix möcht' er, als grad saufen, möcht' er!Ich habe von einem Vater gelesen;Die Tochter ist beim Theater gewesen. Ein Schurke hat ihm das Mädchen verdorben,So daß es im Wochenbette gestorben. Das nahm der Vater sich tief zu Gemüthe. Und als er den Schurken zu fassen kriegte,Verzieh er ihm nobel die ganze Geschichte. Ich weine ob solcher Güte. Laß doch das ew'ge Fragen,Verehrter alter Freund!Ich will von selbst schon sagen,Was mir von Nöthen scheint. Du sagst vielleicht dagegen:Man fragt doch wohl einmal. Gewiß! Nur allerwegenIst mir's nicht ganz egal. Bei deinem FragestellenHat eines mich frappirt:Du fragst so gern nach Fällen,Wobei ich mich blamirt. Vor Jahren waren wir mal entzweitUnd taten uns Manches zum Torte;Wir sagten uns beide zu jener ZeitViel bitterböse Worte. Drauf haben wir uns in einander geschickt;Wir schlossen Frieden und habenDie bitterbösen Worte ersticktUnd fest und tief begraben. Jetzt ist es wirklich recht fatal,Daß wieder ein Zwist nothwendig. O weh! die Worte von dazumalDie werden nun wieder lebendig. Die kommen nun erst in offnen StreitUnd fliegen auf alle Dächer;Nun bringen wir sie in EwigkeitNicht wieder in ihre Löcher. Ich meine doch, so sprach er mal,Die Welt ist recht pläsirlich. Das dumme Geschwätz von Schmerz und QualErscheint mir ganz ungebührlich. Mit reinem kindlichem GemüthGenieß ich, was mir beschieden,Und durch mein ganzes Wesen ziehtEin himmlischer Seelenfrieden. —Kaum hat er diesen Spruch gethan,Aujau! so schreit er kläglich. Der alte hohle BackenzahnWird wieder mal unerträglich. Es saßen einstens beieinandZwei Knaben, Fritz und Ferdinand. Da sprach der Fritz: Nun gib mal Acht,Was ich geträumt vergangne Nacht. Ich stieg in einen schönen Wagen,Der Wagen war mit Gold beschlagen. Zwei Englein spannten sich davor,Die zogen mich zum Himmelsthor. Gleich kamst du auch und wolltest mitUnd sprangest auf den Kutschentritt,Jedoch ein Teufel schwarz und großDer nahm dich hinten bei der HosUnd hat dich in die Höll getragen. Es war sehr lustig, muß ich sagen. —So hübsch nun dieses Traumgesicht,Dem Ferdinand gefiel es nicht. Schlapp! schlug er Fritzen an das Ohr,Daß er die Zippelmütz verlor. Der Fritz, der dies verdrießlich fand,Haut wiederum den Ferdinand;Und jetzt entsteht ein Handgemenge,Sehr schmerzlich und von großer Länge. —So geht durch wesenlose TräumeGar oft die Freundschaft aus dem Leime. Er stellt sich vor sein SpiegelglasUnd arrangirt noch dies und das. Er dreht hinaus des Bartes Spitzen,Sieht zu, wie seine Ringe blitzen,Probirt auch mal, wie sich das macht,Wenn er so herzgewinnend lacht,Uebt seines Auges Zauberkraft,Legt die Cravatte musterhaft,Wirft einen süßen ScheideblickAuf sein geliebtes Bild zurück,Geht dann hinaus zur PromenadeUmschwebt vom Dufte der Pomade,Und ärgert sich als wie ein Stint,Daß andre Leute eitel sind. Wenn Alles sitzen bliebe,Was wir in Haß und LiebeSo von einander schwatzen;Wenn Lügen Haare wären,Wir wären rauh wie BärenUnd hätten keine Glatzen. Ein dicker Sack, – den Bauer Bolte,Der ihn zur Mühle tragen wollte,Um auszuruhn, mal hingestelltDicht an ein reifes Aehrenfeld —Legt sich in würdevolle FaltenUnd fängt 'ne Rede an zu halten. Ich, sprach er, bin der volle Sack. Ihr Aehren seid nur dünnes Pack. Ich bin's, der euch auf dieser WeltIn Einigkeit zusammenhält. Ich bin's, der hoch von Nöthen ist,Daß euch das Federvieh nicht frißt;Ich, dessen hohe FassungskraftEuch schließlich in die Mühle schafft. Verneigt euch tief, denn ich bin Der!Was wäret ihr, wenn ich nicht wär?Sanft rauschen die Aehren:Du wärst ein leerer Schlauch, wenn wir nicht wären. Wirklich, er war unentbehrlich!Ueberall, wo was geschahZu dem Wohle der Gemeinde,Er war thätig, er war da. Schützenfest, Kasinobälle,Pferderennen, Preisgericht,Liedertafel, Spritzenprobe,Ohne ihn da ging es nicht. Ohne ihn war nichts zu machen,Keine Stunde hatt' er frei. Gestern, als sie ihn begruben,War er richtig auch dabei. Sehr tadelnswerth ist unser Thun,Wir sind nicht brav und bieder. —Gesetzt den Fall, es käme nunDie Sündfluth noch mal wieder. Das wär ein Zappeln und Geschreck!Wir tauchten alle unter;Dann kröchen wir wieder aus dem DreckUnd wären, wie sonst, recht munter. Was ist die alte Mamsell SchmöleFür eine liebe treue Seele!